Die vom Bundesgesetzgeber in unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf den Weg gebrachten und am 8. Juli vom Bundesrat final beschlossenen umfangreichen energierechtlichen Neureglungen sind am heutigen Tag im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Damit treten die überwiegenden Regelungen des sog. Osterpakets am folgenden Tag, also am 29.07.2022, in Kraft.
Das Osterpaket gliedert sich in insgesamt fünf Teilpakete auf:
- Der Gesetzentwurf zu „Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ enthält ein umfassendes Paket mit Änderungen des EEG 2021, des EEG 2023 (Inkrafttreten zum 01.01.2023), des KWKG sowie die Einführung des Energiefinanzierungsgesetzes (EnFG).
- Der Gesetzentwurf zur „Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften“ (Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz) enthält die erneute Novellierung des EnSiG mit §§ 24,26, 29 EnSiG sowie Neuaufnahmeregelung zum Fahren von Gaskraftwerken; § 50 ff. EnWG. Dieses Teilpaket ist als einziges bereits am 12.07.2022 in Kraft getreten.
- Der „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften“ sieht die Anhebung der Ausbauziele Wind Offshore auf mind. 30 GW bis zum Jahr 2030, mind. 40 GW bis zum Jahr 2035 und mind. 70 GW bis zum Jahr 2045 vor sowie ein neues Ausschreibungsdesign bei voruntersuchten Flächen. Außerdem ist dort das neue Konstrukt des Industriestrompreises in § 96a WindSeeG (anstatt CfD) vorgesehen, welches ein abweichendes Verfahren für die Ausschreibung von zentral voruntersuchten Flächen enthält. Dabei können Betreiber langfristige Stromverträge mit Industrieabnehmern zu einem Festpreis abschließen. Der Preis wird dabei in einer wettbewerblichen Ausschreibung ermittelt. Ist der künftige Marktwert des Stroms niedriger als der vertraglich zugesicherte Wert, wird die Differenz vom Staat an den Betreiber ausbezahlt. Sollte der Strompreis höher sein, müsste der Betreiber den Überschuss an den Staat ausschütten (Verordnungsermächtigung).
- Das „“Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung enthält u. A. eine kleine EnWG-Novelle. Diese sieht strengere Vorgaben für Energielieferanten und eine Entkopplung der Ersatz- von der Grundversorgung vor. Regelungen, die insbesondere im Hinblick auf die Turbulenzen Ende letzten Jahres auf den Energiemärkten und der damit verbündenden Welle von Insolvenzen bzw. Liefereinstellungen von Energiediscountern einhergingen. Neben Regelungen zur Beschleunigung des Netzausbaus enthält dieses Teilpaket auch eine Änderung der elektrotechnischen Eigenschaftsnachweisverordnung. Demnach ist künftig eine vorläufige Inbetriebnahme von Erzeugungsanlagen bis zu 950 KW ohne Anlagenzertifikat möglich. Dieses kann dann innerhalb von 18 Monaten nachgereicht werden.
- Mit dem „Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ wird u. A. das Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) eingeführt und weitere Änderungen am BauGB und EEG vorgenommen. Kernpunkte sind dabei die gesetzliche Umsetzung des 2 % Flächenziels für Windenergie an Land mit verbindlichen Flächenzielen für die Länder und einem Verhandlungsmechanismus zur Übertragung von Windflächen, die Integration des Flächenziels in er Systematik des BauGB sowie die Neukonzeption der Länderöffnungsklausel. Das Inkrafttreten dieses Teilpakets ist erst 7 Monate nach Verkündung vorgesehen.
- Und schließlich das „Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, mit dem die Umsetzung des Eckpunktepapiers „Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land“ vorgenommen wird. Kernpunkte sind hier die Einbeziehung von Landschaftsschutzgebieten in die Flächensuche für das d2-%-Ziel, die Prüfung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots anhand einer abschließenden Liste mit 15 Brutvogelarten, die Überarbeitung der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung, die Einführung einer Sonderabgabe bei artenschutzrechtlicher Ausnahmegenehmigung sowie Erleichterungen beim Repowering.
Durch das Gesamtpaket soll nun sichergestellt werden, dass im Jahr 2030 der Anteil der erneuerbaren Energien mind. 80 Prozent am Bruttostromverbrauch in Deutschland beträgt. Zugleich ist auch ein Enddatum der Erneuerbaren-Förderung, wie wir sie heute kennen, festgelegt: Nach der Vollendung des Kohleausstiegs im Jahr 2030 soll der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien marktgetrieben erfolgen.
Ansprechpartner: Sarah Schweizer