Die Bundesregierung hat im Juli 2023 die Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie veröffentlicht und damit ihre bereits im Juni 2020 beschlossene Wasserstoffstrategie weiterentwickelt.
Was die neue Strategie mit sich bringt, wird im nachfolgenden einmal genauer unter die Lupe genommen.
Ausreichende Verfügbarkeit von Wasserstoff
Einen besonders hohen Stellenwert wird der ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff beigemessen. Daher wurde durch die Bundesregierung das Ziel gesteckt, dass bis 2030 ausreichend Wasserstoff und Wasserstoffderivate bereitstehen müssen, um die Bedarfe in verschiedenen Anwendungsbereichen wirtschaftlich zu decken. In Zahlen wird in der Fortschreibung für das Jahr 2030 von einem Gesamtbedarf von 95 bis 130 TWh ausgegangen. Ein besonderer Fokus wird hierbei auf den Ausbau der Elektolysekapazität gelegt. So soll bis ins Jahr 2030 das Elektrolyseziel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff von 5 GW auf 10 GW verdoppelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, fördert das Bundesforschungsministerium die Wasserstoff-Leitprojekte H2Giga und H2Mare.
Aufgrund des begrenzten heimischen Erzeugungspotenzial für Wasserstoff, muss der Großteil des Bedarfs über Importe gedeckt werde. Genauerer Details sollen im Rahmen einer Importstrategie für Wasserstoff geklärt werden, bei der sowohl europäische als auch außereuropäische Kooperationen und Importe im Fokus sind. Erste Grundzüge der Importstrategie werden im Rahmen der Wasserstoffstrategie bereits skizziert. Ab dem Jahr 2030 soll der Import von grünem Wasserstoff aus Europa und angrenzenden Regionen durch Pipelines stärker ausgebaut werden. Um die geplante Menge an Wasserstoffimporten zu realisieren, werden neben pipelinegebundenen Importen auch der Transport von Wasserstoff durch Schiffe beachtet. Durch die verschiedenen Importmöglichkeiten sollen grüne Korridore geschaffen werden.
Mit H2Global wurde im Jahr 2020 die erste internationale Handelsplattform für grünen Wasserstoff und dessen Derivate gegründet. Durch H2Global sollen auch außereuropäische Importe von grünem Wasserstoff gefördert werden. Nun können erstmals transparente Preise und Mengen für den Handeln mit grünen Wasserstoffderivaten ermittelt werden.
Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur
Mit einer ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff geht einher, dass eine ausreichende H2-Infrastruktur besteht. Laut Strategiepapier ist es daher unerlässlich einen zügigen Aufbau einer Terminal-, Netz-, Tank- und Speicherinfrastruktur zu bewerkstelligen. Bis zum Jahr 2027/28 sollen mehr als 1.800 km umgestellter und neu gebauter Wasserstoffleitungen entstehen. Damit der Aufbau des Wasserstoffnetzes möglichst schnell und kosteneffizient gestaltet werden kann, soll es eine Umnutzung von bestehenden Erdgastransportleitungen auf den Wasserstofftransport geben.
Da viele Länder auf den Import von Wasserstoff angewiesen sind, soll ein europäisches Wasserstoff-Kernnetz entstehen. Dabei werden die entstehenden Netze der EU-Mitgliedstaaten verbunden. In einer ersten Aufbaustufe werden europaweit insgesamt 4.500 Leistungskilometer der Infrastrukturprojekte im IPCEI Wasserstoff realisiert, inklusive länderübergreifender Verbindungen.
Etablierung von Wasserstoff-Anwendungen
Erfolgt die Verfügbarkeit von Wasserstoff im geplanten Rahmen, muss sich für eine Rentabilität die Anwendung auf möglichst viele Bereiche beziehen. Als maßgeblich wird vom BMWK verständlicherweise die preisliche Attraktivität von Wasserstoff gegenüber Alternativoptionen angesehen.
- Im Bereich der Industrie sind wasserstoffbasierte Technologien vor allem in solchen Sektoren eine geeignete Transformationsoption, in denen sie fossile Rohstoffe wie Erdgas, Erdöl oder Kohle in der stofflichen Nutzung ersetzen.
- Wasserstoff und seine Derivate sind wichtige Bausteine für eine klimafreundliche Mobilität. Im Bereich der Luftfahrt wurde bereits im Juni 2022 ein Papier der Bundesregierung zur Klimaneutralen Luftfahrt vorgestellt, wonach sich auf die Entwicklung brennstoffzellenbasierter Antriebsstränge und Nebenaggregate für eine wasserstoffbasierte Luftfahrt fokussiert wird.
- Im Bereich Strom macht der Wasserstoff eine langfristige Speicherung sowie den Transport von Energie aus erneuerbaren Quellen möglich.
- Eine eher untergeordnete Rolle spielt der Wasserstoff im Bereich der Wärme (Gebäudesektor). Hier gibt es viele Ausweichmöglichkeiten, die auch kostengünstiger sind. Ein direkter Einsatz von Wasserstoff für die Raumwärme scheint bisher nur in Einzelfällen möglich. Als Beispiel für einen solchen Einzelfall nennt die Bundesregierung die Nutzung von Wasserstoff-KWK-Anlagen in Gebäuden, an denen kein Wärmenetz anliegt und in denen sich Wärmepumpen nicht effizient betreiben lassen, aber eine Technologieoption darstellen, wenn in der Nachbarschaft ein ausreichendes Wasserstoffangebot besteht, etwa durch Wasserstoffgroßabnahmer.
Schaffung von wirkungsvollen Rahmenbedingungen
Nach Ansicht der Bundesregierung braucht es für eine funktionierende Wasserstoff-Wirtschaft eine umfassende und passende Gesetzgebung. Unabdinglich sind kohärente rechtliche Voraussetzungen auf nationaler und europäischer Ebene. Dies umfasst effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, einheitliche Standards und eine koordinierte Verwaltung. Insbesondere verlangt das Strategiepapier eine Überprüfung, die Vorgaben für den notwendigen Bau der Wasserstofferzeugungs-, Transport-, Tank- und Importinfrastruktur gesetzliche zu Vereinfachung und zu Beschleunigung. Im Idealfall soll auch auf internationale einheitliche Vorschriften hingewirkt werden, um eine globale Wasserstoff-Wirtschaft zu ermöglichen.
Ansprechpartnerin: Sarah Schweizer